Beitragsaufruf zur GJZ-Tagung 2025

(Archivierte Fassung)

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Die GJZ-Jahrestagung 2025 steht unter dem Motto „Blinde Flecken der Zivilrechtswissenschaft“.

Das Zivilrecht ist ein Kernbereich der Rechtsordnung, der unser tägliches Leben in unzähligen Formen prägt. Dennoch gibt es Aspekte, die in der wissenschaftlichen, legislativen oder praktischen Auseinandersetzung übersehen werden – die „blinden Flecken“. Diese können sowohl in den rechtlichen Regelungen selbst als auch in der Art und Weise, wie die Zivilrechtswissenschaft arbeitet, verborgen liegen. Die Tagung widmet sich der Entdeckung und Reflexion solcher Bereiche.

Was sind blinde Flecken?

Blinde Flecken sind Bereiche, in denen rechtliche Regelungen oder wissenschaftliche Ansätze unzureichend, widersprüchlich oder völlig abwesend sind. Sie können durch gesellschaftliche, technologische oder ökologische Veränderungen entstehen, die das geltende Zivilrecht noch nicht vollständig erfasst hat. Ebenso können sie traditionelle Annahmen oder implizite Vorannahmen der Zivilrechtswissenschaft selbst betreffen, die ihre Arbeitsweise, Perspektiven oder Methoden beeinflussen.

Mögliche Themenfelder:

  • Technologie: Wie gehen wir mit neuen Herausforderungen durch das Metaversum, digitale Zwillinge oder autonome Systeme um? Sind bestehende privatrechtliche Kategorien wie Besitz und Eigentum ausreichend?
  • Gesellschaftlicher Wandel: Welche rechtlichen Lücken bestehen bei neuen Familienkonstellationen, Arbeitsmodellen oder Diversitätsfragen? Wie wird mit unbewusster Voreingenommenheit (biases) in der Rechtsanwendung umgegangen?
  • Nachhaltigkeit: Welche Rolle spielt das Zivilrecht bei der Förderung nachhaltiger Praktiken und der Bewältigung des Klimawandels? Wie können privatrechtliche Instrumente dazu beitragen, ökologische und soziale Verantwortung von Unternehmen und Individuen rechtlich zu stärken?
  • Ungleichheiten: Sind Zugangsbarrieren zu Gerichten, Diskriminierungen in Vertragsverhandlungen oder Machtungleichgewichte im Wirtschaftsverkehr hinreichend adressiert? Welche Rolle könnten alternative Streitbeilegungsverfahren oder kollektive Rechtsdurchsetzung bei der Überwindung solcher Ungleichheiten spielen?
  • Interdisziplinäre Ansätze: Was kann die Zivilrechtswissenschaft von anderen Disziplinen wie der Psychologie, Ökonomie oder Soziologie lernen, um unentdeckte Problemfelder zu identifizieren? Wie können interdisziplinäre Erkenntnisse dazu beitragen, neue Lösungsansätze für komplexe zivilrechtliche Fragen zu entwickeln?
  • Reflexion der Wissenschaft:
    • Inwiefern berücksichtigt die Zivilrechtswissenschaft unterschiedliche Perspektiven und methodische Ansätze?
    • Wie steht es um die Auslegungsmethodik als klassisches Arbeitsmittel (auch im Kontext des europäischen Mehrebenensystems)?
    • Welche Bedeutung haben die klassischen Arbeitsformen (Kommentare, Monografien) in einer zunehmend digitalen und KI-gestützten Welt?
    • Ist die Zivilrechtswissenschaft ausreichend divers in ihrer sozialen und kulturellen Zusammensetzung? Welche Perspektiven könnten fehlen, und wie könnte dies die Forschung beeinflussen?
    • Welche Rolle spielen Publikationsdruck und akademische Karriereanreize in der Themenwahl? Werden innovative oder interdisziplinäre Fragestellungen dadurch möglicherweise benachteiligt?
    • Wie grenzt sich die Zivilrechtswissenschaft gegen andere Teilrechtsgebiete ab? Welche übergreifenden Phänomene könnten durch eine strikte Abgrenzung aus dem Blick geraten?
    • Die Tagung zielt darauf ab, den Diskurs über diese Themen zu eröffnen, neue Perspektiven zu beleuchten und innovative Lösungsansätze zu entwickeln.

Einreichung von Beiträgen

Wir laden Nachwuchswissenschaftler:innen ein, ihre Beiträge zu diesem Thema einzureichen. Erwünscht sind sowohl theoretische als auch praxisorientierte Ansätze, gerne auch mit interdisziplinärem Bezug. Die Einreichungen können sich auf die genannten Beispiele beziehen, aber auch eigene Fragestellungen behandeln.
Bewerbungsschluss: 30. April 2025; bitte senden Sie Ihre Bewerbung an: kontakt@gjz2025.de

Einzureichen sind ein anonymisiertes Abstract (max. 500 Wörter) und ein Lebenslauf; erfolgreiche Bewerber:innen werden eingeladen, einen Vortrag (ca. 20 Minuten) auf der Tagung zu halten. Die ausgewählten Beiträge sollen in einem Tagungsband veröffentlicht werden, daher wird die Abgabe eines Manuskripts (max. 20 Seiten) bis zum 30.11.2025 erwartet. Ausnahmen sind nur in begründeten Einzelfällen möglich.

Wir freuen uns auf spannende Beiträge und eine anregende Diskussion!